Die Lernplattform ILIAS in Hohenheim – Ein Interview mit Ulrich Forster vom KIM
Ulrich Forster ist Mitarbeiter im Kommunikations- Informations- und Medienzentrum (KIM) der Universität Hohenheim. Hier arbeitet er im Bereich E-Learning und ist besonders für die Betreuung der Lernplattform ILIAS zuständig. Er berät Lehrende zu den Nutzungsmöglichkeiten des Lernmanagement-Systems und gibt entsprechende Kurse für die Angestellten der Universität Hohenheim.
Im Interview erzählt Herr Forster, was eigentlich hinter ILIAS steckt und wie sich Lehren und Lernen in Zukunft gestalten könnte.
Herr Forster, was steht eigentlich hinter ILIAS und wie lange tut das Lernmangementsystem in Hohenheim schon seinen Dienst?
„Seit ca. 2002. Hinter ILIAS steht ein Verein: ILIAS open source e-Learning e.V. Er steht für die nachhaltige Entwicklung von ILIAS. Die Universität Hohenheim ist im Beirat des Vereins vertreten. Auf der Webseite https://www.ilias.de finden sich weitere Informationen hierzu.“
Konnten Sie seit der Einführung von ILIAS bis heute grundlegende Veränderungen feststellen?
„Ja, sehr viele. Im Kontrast zur anfänglichen Skepsis, ILIAS und überhaupt E-Learning einzusetzen, hat sich die Lernplattform mittlerweile zu einem der meistgenutzten Systeme am Campus etabliert. Das macht sich an der massiv gestiegenen Nutzungszahl der DozentInnen und ProfessorInnen, aber auch StudentInnen bemerkbar. Merklich angestiegen ist auch die Anzahl an Supportanfragen am Telefon oder per Mail. Mittlerweile hat fast jeder Fachbereich einen eigene ILIAS-Verantwortlichen mit Adminrechten. Die Anwendung der Lernobjekte für unterschiedliche Szenarien hat sich auch stark geändert. In der Anfangszeit wurde ILIAS dazu genutzt, Vorlesungsunterlagen zum Download anzubieten und Mitgliederlisten zu generieren. Mittlerweile wird ILIAS z.B. als Test und Assessment-Werkzeug, zu Zwecken der Evaluation, Kooperation und zum Mobile Learning eingesetzt. Beliebte Lernobjekte sind hier z.B. der Test, die Umfrage, das Etherpad aber auch das Live-Voting.“
Welche Tools/Funktionen halten Sie für besonders gelungen/wichtig?
„Gerade das Etherpad wird gerne genutzt. Es ist leicht zu bedienen und mit dem Etherpad kann mit mehreren Personen an einem Text geschrieben werden. Die Kursfunktion mit ihren zahlreichen Tools, welche die Organisation von Vorlesungen, Kursen oder Arbeitsgruppen unterstützen, wird auch gern eingesetzt. Über die Kursfunktion lassen sich die Kursmitglieder anschreiben und es können rasch Informationen geteilt werden. Das ILIAS Live-Voting wird immer öfter in Vorlesungen für Blitzumfragen verwendet. Die StudentInnen nehmen dabei mit ihrem Smartphone teil und beantworten Fragen, die in Echtzeit statistisch ausgewertet werden. Das komplexeste Tool ist der ILIAS -Test. Dieser findet Verwendung, um das Selbstlernen der StudentInnen zu unterstützen, aber auch um auf Prüfungen vorzubereiten.“
Gibt es etwas, was Sie an ILIAS gerne ändern würden bzw. etwas, das Sie vermissen?
„Ja, ILIAS am Campus Hohenheim ist in den letzten Jahren, gemessen an der Anzahl der Kundenwünsche und deren Umsetzung, gewachsen. Mittlerweile haben wir sehr, sehr viele Funktionen. Das System ist dadurch sehr mächtig geworden. Die Lehrpersonen wünschen sich aber auch Einfachheit. Dahin müssen wir uns mit ILIAS bewegen: E-Learning-Tools vereinfachen und Prozesse automatisieren. Ich sehe dabei ein großes Potential im Mobile Learning. Das Feld ist noch relativ jung. Mobile Learning bietet den Vorteil, dass mit den Smartphones und der unterschiedlichen Bedienung im Vergleich zum Desktopcomputer die Usability bereits anders gedacht und umgesetzt wird. Diese Einfachheit sollten wir in Zukunft mehr unterstützen.
Was ich für den E-Learning-Bereich hier in Hohenheim etwas vermisse, ist eine allgemeine E-Learning-Strategie in den einzelnen Fachbereichen und an der Universität. Es gibt NutzerInnen, welche ILIAS intensiv und sehr innovativ in ihren Lehrveranstaltungen einsetzen. Angefangen von der Lehr- und Lernzielplanung über die Umsetzung bis hin zur Evaluation des Angebots. In anderen Fachbereichen wiederum, wird in der Lehre kaum mit E-Learning gearbeitet. Oftmals fehlen die Ressourcen wie Zeit und Personal, aber meiner Meinung nach auch der ein oder andere Anreiz qualitativ gutes E-Learning zu betreiben.“
Wie zufrieden sind die Lehrenden und Lernenden Ihrer Erfahrung nach hier an der Uni mit dem System?
„Aus den Beratungsgesprächen und Kursen zu ILIAS und E-Learning bekomme ich mit, dass die meisten DozentInnen und ProfessorInnen zufrieden mit ILIAS sind, da sich die Arbeitsvorgänge erleichtert haben: keine Mailinglisten mehr anlegen, schnelles Anschreiben und Informieren wird sehr geschätzt. Die automatische Auswertung von Tests und der schnelle Zugriff auf Umfrage-Ergebnisse wird als großer Vorteil des online-Tools ILIAS von Seiten der DozentInnen gesehen; Und dass ILIAS kaum einen Umsetzungswunsch offen lässt. Allerdings sind auch manche NutzerInnen von der Fülle der Funktionen, die ILIAS mittlerweile bietet, etwas abgeschreckt, weil dahinter auch ein hoher Einarbeitungsaufwand vermutet wird. Und manchmal haben kleine Veränderungen große Wirkung…. In der neuen ILIAS- Version hat sich beispielsweise die Listenansicht der Kursmitglieder geändert. Das hat vielen NutzerInnen nicht gefallen und es gab dementsprechend viele Supportanfragen. Mit Videos und Anleitungen konnten wir die Sachlage aufklären. Für die Zufriedenheit der Lehrenden ist es extrem wichtig , dass ein Support bei Problemen angefragt werden kann und sich um technische Probleme kümmert. Gäbe es diesen nicht, hätten wir sicherlich weniger Nutzungszahlen. Ungelöste Probleme oder als zu lange erlebte Bearbeitungszeiten würden sicher die Akzeptanz des Systems sinken lassen.“
Wie könnte das Lernen der Zukunft aussehen? Sehen Sie grundlegende Veränderungen auf uns zukommen?
„Was wir schon jetzt beobachten können ist, dass das Smartphone als Lernwerkzeug der Studenten immer wichtiger wird. Viele Inhalte werden mit Tablet oder Smartphone abgerufen. Das veränderte Nutzungsverhalten ist auch eine Herausforderung für die Zukunft des Lehrens und Lernens an Universitäten: die Infrastruktur muss an diese neuen Nutzungsgewohnheiten angepasst werden. Die neuen Möglichkeiten von Videostreams oder Virtual-Reality-Content benötigen höhere Bandbreiten z. B. beim W-Lan und bei der Rechenleistung der Server. Auch werden sich Gewohnheiten aus dem Alltag und der im Alltag verwendeten Technologien zukünftig mehr und mehr im Lernen an der Universität etablieren und die Systeme werden sich durch die Anforderungen der NutzerInnen verändern. Ich denke hier vor allem an Kommunikationsgewohnheiten, die auch den Fortschritt am Campus beeinflussen: z.B. Videochats, die vermehrt in Beratungen und Sprechstunden eingesetzt werden, und Messenger-Dienste als weitere Kommunikationsform neben dem etablierten E-Mailing. Persönlich freue ich mich auf die ILIAS Pegasus App, die wir in Kürze in Hohenheim haben werden. Im Laufe des Jahres werden dort auch die Hohenheimer Lernorte integriert werden.“
Vielen Dank für das spannende Interview, Herr Forster!