„Lehren bedeutet (auch) situatives Führen, ob Sie wollen oder nicht!“, so die These des vorliegenden Beitrags. Sie beruht auf drei Überlegungen: Erstens weist die Tätigkeit des Lehrens sowohl in Definitionen als auch im empirisch beobachtbaren Handeln eine große Schnittmenge mit jener des Führens auf. „Lehren“ wie auch „Führen“ bezeichnet einen facettenreichen Tätigkeitsmix, der „anweisen“, „anleiten“ und „überprüfen“ ebenso umfasst wie „überzeugen“, „beraten“ oder „delegieren“. Eine zweite Gemeinsamkeit von „Lehren“ und „Führen“ ist ihre Kontextgebundenheit. So gehört der Ansatz des „situativen Führens“ zu den Kontingenztheorien, gemäß derer die Führungskraft je nach Situation unterschiedliche Führungsstile wählen soll, um erfolgreich zu sein. Aus dieser Perspektive ist der Führungsstil dem Führungserfolg in einer bestimmten Situation insofern kontingent, als eine starke Verbindung des einen mit dem anderen vorliegt bzw. zumindest angenommen wird. [1] Übertragen auf den Lehrkontext bedeutet dies, dass Lehrende je nach Lehrsituation einen anderen Lehrstil wählen, um ihre Lehrziele zu verwirklichen. Zum dritten verweist die These, wonach „Lehren (auch) situatives Führen ist“, auf eine Gretchenfrage, die Führungs- wie Lehrforschung gleichermaßen beschäftigt: Welche Kriterien sind bei der Wahl des situationsadäquaten Führungs- bzw. Lehrstils entscheidend? Wie wählen Sie aus, ob Sie eher aufgabenorientiert, mitarbeiter- bzw. studierendenorientiert oder partizipationsorientiert führen?[2]
Um so wichtiger ist diese Frage beim Forschenden Lehren, das per se durch eine größere Ergebnisoffenheit, durch Unwägbarkeit, Unsicherheit, Ambivalenzen und Komplexität geprägt ist. Und zugleich größere Chancen für die persönliche und fachliche Weiterentwicklung bereithält, für beide Seiten. Für Lehrende, denen sich dieser Beitrag widmet, eröffnet gerade das Forschende Lehren eine Vielzahl von Möglichkeiten, die eigenen Führungskompetenzen weiterzuentwickeln und zu stärken. Allen voran das Selbstgewahrsein über die bereits ausgeübten Führungstätigkeiten, die in der folgenden Tabelle exemplarisch veranschaulicht sind.
Sowohl beim weiteren wissenschaftlichen Karriereweg, als auch beim alternativ-universitären Karriereweg im so genannten „Third Space“, oder außeruniversitären Karriereweg stellt sich – über kurz oder lang – die Frage nach der Führungserfahrung. Mit der Herausforderung, das eigene Rollenverständnis als Führende(r) und die situativen Führungskompetenzen zu reflektieren, sehen sich ein Forschungsgruppenleiter, ein Wissenschaftsmanager, ein Teamleiter im Unternehmen oder ein Abteilungsleiter im öffentlichen Dienst gleichermaßen konfrontiert. Weiterlesen →