24 Apr

Sinnreiche Lehre veranstalten

Wie gestalte ich als Lehrender meine Lehrveranstaltung so, dass die Inhalte verständlich für die Studierenden sind? Und wie gestalte ich die Lehrveranstaltung für mich angenehm? Ein Blick auf die Sinneskanäle kann bei der eigenen Lehrgestaltung inspirieren.

Bei der Aufnahme von Informationen im Alltag spielen drei Sinne eine besonders große Rolle: der visuelle, der auditive und der kinästhetische Sinn. Der olfaktorische und der gustatorische Sinn rücken in den meisten Lernkontexten, außer mit explizitem Bezug auf Riechen und Schmecken, in den Hintergrund.

Sinne_.

Der visuelle Sinn beinhaltet etwas zu sehen, darzustellen, zusammenzufassen oder abzuschreiben. Methoden, die diesen Sinn ansprechen, sind Powerpoint-Präsentation, Arbeiten mit dem Overheadprojektor, Texte lesen oder schreiben lassen, grafische Darstellung eines Zusammenhangs, Mindmapping, Clustering, Lerntagebuch führen, kreatives Schreiben, Videos oder Comics, Bilder oder Grafiken zeigen, Experimente vorführen.

Zum auditiven Sinn gehören das Hören und Sprechen. Eingängige Methoden für Menschen mit einem ausgeprägten auditiven Sinn können lautes Vorlesen, einen Vortrag hören oder halten, ein Gespräch führen (Diskussion, Interview führen, Kleingruppenarbeit, Austausch mit dem Nachbar), Podcast sein.

Der kinästhetische Sinn bezieht sich auf das Ausprobieren, auf Learning by Doing und körperliche Bewegung. Geeignete Methoden hierfür sind Planspiel, Rollenspiel, an Experimenten beteiligen oder Experimente selbst durchführen lassen.

Checkfragen:

  • Für welchen Kanal habe ich als Lehrender eine Vorliebe?
    • Gebe ich eine Handlungsanleitung mit Bildern an? – Visuell.
    • Erläutere ich mündlich die einzelnen Schritte? – Auditiv.
    • Oder lasse ich die Studierenden selbst den Weg finden? – Kinästhetisch.
  • Welche Sinne spreche ich in meiner Lehrveranstaltung mit welchen Methoden an?
  • Gibt es einen Sinn, der bisher noch nicht in meiner Lehrveranstaltung angesprochen wird und den ich noch einbauen könnte?

Es kann vorkommen, dass ein persönlich präferierter Kanal besonders oft in der eigenen Lehrveranstaltung eingesetzt wird und dabei über die Zeit jene Lernenden verloren gehen, die eher über einen anderen Kanal Informationen aufnehmen. Ein Wechsel der Methoden, auch unter dem Aspekt der Sinneskanäle, kann helfen, die Aufmerksamkeit für das Thema beizubehalten. Auch die Kombination von Sinnen steigert den Lerneffekt. Viele Personen sind durch Fernsehen besonders auf die Kombination Sehen und Hören konditioniert. Aber Lernen ist natürlich situationsabhängig. Die Arbeit im Labor oder die Datenanalyse kann nicht nur durch Zuhören und ohne kinästhetische Erfahrung oder visuelle Wahrnehmung gelernt werden. Andererseits können schwierige Inhalte mehrmals mit unterschiedliche Sinne ansprechenden Methoden wiederholt und damit eingänglicher vermittelt werden.

08 Apr

Das aktive Plenum

Wie können Studierende in Lehrveranstaltungen besser beteiligt werden und Argumentieren und Problemlösen lernen? Wie kann der „Illusion des Verstehens“, also dem oberflächlichen Verstehen von Sachverhalten, entgegengewirkt werden?

Eine mögliche Antwort auf diese Fragen bietet die Methode des Aktiven Plenums, die beispielsweise von Christian Spannagel, Professor an der PH Heidelberg und Landes-Lehrpreis-Träger 2012, in seiner Mathematikvorlesung angewendet wird. Ziel der Methode ist es, Studierende aktiv am Lehr-Lern-Prozess zu beteiligen.

Was ist ein aktives Plenum und wie funtioniert es? Die Gruppe der Studierenden wird im Sinne eines demokratischen Plenums verstanden, in dem Studierende gemeinsam beraten und entscheiden, ihre Ideen einbringen und ein Problem kollaborativ lösen. Hierfür ist es notwendig, dass die Lehrperson sich im Geschehen zurücknimmt und beispielsweise nach ganz hinten in den Hörsaal setzt. Zuvor wird von der Lehrperson jedoch ein Problem, eine Fragestellung oder eine Aufgabe in das Plenum hineingegeben, das von den Studierenden gemeinsam gelöst werden soll. Die Moderation und das Sammeln der Ideen übernehmen jeweils ein Studierender bzw. eine Studierende. Alle anderen Studierenden tragen gemeinsam zur Problemlösung bei. In diesem Video wird nochmals genau deutlich, wie die Methode umgesetzt werden kann:

Was sind die Vorteile des aktiven Plenums? Bei dieser Methode haben die Studierenden die Möglichkeit, Ihre Ideen einzubringen, ohne Angst haben zu müssen, etwas Falsches zu sagen. Zumindest ist die Schwelle unter den Studierenden niedriger als gegenüber dem/der DozentIn. Eine Aufgabe wird gemeinsam gelöst und die Studierenden sind direkt in den Lösungsprozess involviert. Sie schauen nicht nur zu. Sie lernen zu argumentieren und zu unterschiedlichen Postionen Stellung zu beziehen. Dadurch wird schnell klar, wo eventuell Schwierigkeiten liegen. Diese Methode hilft den Studierenden also auch zu reflektieren, was sie verstanden haben und was nicht.

In welchen Gruppen eignet sich diese Methode? Das Aktive Plenum eignet sich nicht nur, aber auch, für kleine Gruppen. Z.b. könnte ich mir vorstellen, dass auch in Tutorien das gemeinsame Lösen von Aufgaben auf diese Art und weise sinnvoll sein könnte. Christian Spannagel nutzt das aktive Plenum aber auch in Vorlesungen mit 150 Personen. Auch das funktioniert.

Wer hat das erfunden? Die Methode des aktiven Plenums entwickelte sich aus Jean Pol Martins Ideen zum „Lernen durch Lehren“. Zur Prägung des Begriffs „Aktives Plenum“ hat Ulrich Iberer (PH Ludwigsburg) beigetragen. Christian Spannagel hat die Methode für die Mathematikvorlesung adaptiert. Vorbild war ihm hierbei Ulrich Hammers Umsetzung in einer Schulklasse.

Literatur: L. Berger, C. Spannagel & J. Grzega (Hrsg.), Lernen durch Lehren im Fokus. Berichte von LdL-Einsteigern und LdL-Experten. Berlin: epubli