09 Nov

Lehrpersönlichkeits-Coaching VI: Wann sind Teams erfolgreich?

Die Frage nach den Erfolgsbedingungen produktiver Teamarbeit ist für Lehrpersönlichkeiten in zweierlei Hinsicht relevant: Zum einen für die Betreuung von studentischen Teams bei Referaten oder Forschungsprojekten. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wann Teams erfolgreich sind, auch bei der lehr- oder forschungsbezogenen Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen. Für beide Settings bewährt hat sich das GRPI-Modell, das vier Grundpfeiler von Teamarbeit beschreibt: G = Goals (Ziele); R = Roles (Rollen & Verantwortlichkeiten); P = Process (Arbeits- und Kommunikationsprozesse); I = Interpersonal Relationship (Normen & Werte der Zusammenarbeit). Daraus leiten sich vier Erfolgsbedingungen produktiver Teamarbeit ab, die im folgenden Schaubild zusammengestellt sind.

 

Hilfreich für die teaminternen Abstimmungsprozesse hinsichtlich gemeinsamer Ziele, geklärter Rollen und Verantwortlichkeiten, definierter Arbeits- und Kommunikationsprozesse sowie vereinbarter Umgangsregeln ist die „Checkliste Erfolgsbedingungen produktiver Teamarbeit“.

Hat ein Team seine Antworten auf diese Schlüsselfragen gefunden bzw. ausgehandelt, Weiterlesen

13 Aug

Lehrpersönlichkeits-Coaching V: „Lehren ist situatives Führen!“

„Lehren bedeutet (auch) situatives Führen, ob Sie wollen oder nicht!“, so die These des vorliegenden Beitrags. Sie beruht auf drei Überlegungen: Erstens weist die Tätigkeit des Lehrens sowohl in Definitionen als auch im empirisch beobachtbaren Handeln eine große Schnittmenge mit jener des Führens auf. „Lehren“ wie auch „Führen bezeichnet einen facettenreichen Tätigkeitsmix, der „anweisen“, „anleiten“ und „überprüfen“ ebenso umfasst wie „überzeugen“, „beraten“ oder „delegieren“. Eine zweite Gemeinsamkeit von „Lehren“ und „Führen“ ist ihre Kontextgebundenheit. So gehört der Ansatz des „situativen Führens“ zu den Kontingenztheorien, gemäß derer die Führungskraft je nach Situation unterschiedliche Führungsstile wählen soll, um erfolgreich zu sein. Aus dieser Perspektive ist der Führungsstil dem Führungserfolg in einer bestimmten Situation insofern kontingent, als eine starke Verbindung des einen mit dem anderen vorliegt bzw. zumindest angenommen wird. [1] Übertragen auf den Lehrkontext bedeutet dies, dass Lehrende je nach Lehrsituation einen anderen Lehrstil wählen, um ihre Lehrziele zu verwirklichen. Zum dritten verweist die These, wonach „Lehren (auch) situatives Führen ist“, auf eine Gretchenfrage, die Führungs- wie Lehrforschung gleichermaßen beschäftigt: Welche Kriterien sind bei der Wahl des situationsadäquaten Führungs- bzw. Lehrstils entscheidend? Wie wählen Sie aus, ob Sie eher aufgabenorientiert, mitarbeiter- bzw. studierendenorientiert oder partizipationsorientiert führen?[2]

Um so wichtiger ist diese Frage beim Forschenden Lehren, das per se durch eine größere Ergebnisoffenheit, durch Unwägbarkeit, Unsicherheit, Ambivalenzen und Komplexität geprägt ist. Und zugleich größere Chancen für die persönliche und fachliche Weiterentwicklung bereithält, für beide Seiten. Für Lehrende, denen sich dieser Beitrag widmet, eröffnet gerade das Forschende Lehren eine Vielzahl von Möglichkeiten, die eigenen Führungskompetenzen weiterzuentwickeln und zu stärken. Allen voran das Selbstgewahrsein über die bereits ausgeübten Führungstätigkeiten, die in der folgenden Tabelle exemplarisch veranschaulicht sind.

Sowohl beim weiteren wissenschaftlichen Karriereweg, als auch beim alternativ-universitären Karriereweg im so genannten „Third Space“, oder außeruniversitären Karriereweg stellt sich – über kurz oder lang – die Frage nach der Führungserfahrung. Mit der Herausforderung, das eigene Rollenverständnis als Führende(r) und die situativen Führungskompetenzen zu reflektieren, sehen sich ein Forschungsgruppenleiter, ein Wissenschaftsmanager, ein Teamleiter im Unternehmen oder ein Abteilungsleiter im öffentlichen Dienst gleichermaßen konfrontiert. Weiterlesen

15 Mrz

Lehrpersönlichkeits-Coaching IV: Wie ist mein Rollenverständnis als Lehrende(r)?

„Bin ich in erster Linie eine Wissenvermittlerin?“, hat sich Frau Kunterbunt, unsere (imaginierte) Klientin im dritten Beitrag der Serie zum Lehrpersönlichkeits-Coaching gefragt. „Oder als was sehe ich mich noch, wenn ich lehre?“, will sie wissen. Neugierig, mehr über das Rollenverständnis von Frau Kunterbunt zu erfahren, schlage ich ihr eine Selbsterforschungsreise auf ihrer ganz persönlichen Lehrenden-Insel vor. Im Hinterkopf habe ich hierbei noch, was ich beim Interview mit dem Lehrpersönlichkeits-Ich von Frau Kunterbunt beim letzten Mal erfahren hatte, nämlich dass Angst die stärkste, wenn auch nicht die häufigste Emotion beim Lehren ist. Bevor ich ihr das Schaubild mit den unterschiedlichen (möglichen) Rollen zeige, bitte ich Frau Kunterbunt, bei sich selbst auf ihre erste Reaktion beim Lesen der Rollen zu achten, also auf ihre körperlichen und gefühlsmäßigen Reaktionen. Ich biete ihr an, diesen ersten affektiven Reaktionen gerne auch spontan Ausdruck zu verleihen, sei es verbal, sei es durch eine Grimasse oder eine Handbewegung. Was erlebt nun Frau Kunterbunt, wenn sie „Führungskraft“, „Wissensvermittler“, „Dienstleister“, „Forscher“, „Moderator“, „Prüfer“, „Konfliktmanager“ und „Lernender“ liest?

Die Reaktionen sind sehr facettenreich: Von Freude, Stolz, Aufregung und Angst über Verantwortungsgefühl, Mißmut, Ablehnung zu Überraschung und Irritation. Wie die weitere Selbsterforschungsreise von Frau Kunterbunt ergibt, Weiterlesen

29 Nov

Lehrpersönlichkeits-Coaching III: Wer bin ich als Lehrpersönlichkeit und was macht mich aus? (Teil 3)

Anknüpfend an den zweiten Beitrag der Serie zum Lehrpersönlichkeits-Coaching, der sich mit dem vierdimensionalen Lehrpersönlichkeits-Modell beschäftigt hatte, widme ich mich heute der Frage, wie Coaching Lehrende bei der Entfaltung und Stärkung ihrer Lehrpersönlichkeit unterstützen kann. Grundlage des Lehrpersönlichkeits-Coachings bildet ein ganzheitlich ausgerichteter Zugang, bei dem ich Erkenntnisse aus der Rollentheorie, der psychodynamischen Persönlichkeits- und Führungspsychologie verbinde.[1]

Zentral sind hierbei fünf Überzeugungen: (1) Es gibt unterschiedliche gleichwertige Ausprägungen von Lehrpersönlichkeiten, und somit auch verschiedene authentische Lehrstile. (2) Lehren ist situatives Führen. (3) Das Rollenkonzept einer Lehrpersönlichkeit beeinflusst ihr Rollenhandeln. (4) Je gewahrer sich eine Lehrpersönlichkeit ihrer selbst und ihres Rollenverständnisses ist, desto einfacher ist die Entfaltung eines authentischen Lehr-, Betreuungs- und Führungsstils. (5) Jede Lehrpersönlichkeit birgt in sich die Ressourcen, die sie für das Finden subjektiv stimmiger Antworten braucht. Bei mancher mag der Gedankenkanal in Form von Assoziationen oder Glaubenssätzen als Kompass fungieren, bei mancher der Bildkanal wertvolle Hinweise liefern, bei mancher der Spürkanal mit somatischen Markern oder Emotionen den Weg weisen.

Unsere heutige (imaginierte) Klientin fragt sich: „Wer bin ich als Lehrpersönlichkeit und was macht mich aus?“.[2] In ein Zwiegespräch mit dem Lehrpersönlichkeits-Ich der Klientin eintretend, vollzieht sich die begleitete Selbsterforschungsreise anhand von Schlüsselfragen.

„Freude“ ist die erste Assoziation zum Begriff „Lehre“. „Freude“ ist Weiterlesen

27 Jun

Lehrpersönlichkeits-Coaching II: Was bedeutet das? (Teil 2)

Anknüpfend an den ersten Beitrag der Serie zum Lehrpersönlichkeits-Coaching, der sich mit den Fragen „Wer bin ich?“ und „Wofür stehe ich?“ beschäftigt hatte, widme ich mich heute der Frage „Was bedeutet Lehrpersönlichkeits-Coaching?“. Beim Lehrpersönlichkeits-Coaching geht es darum, sich seiner selbst wie auch des eigenen Ressourcenreichtums gewahr zu werden, und diesen im Einklang mit der eigenen Wertehierarchie für die Entfaltung eines subjektiv stimmigen Lehr-, Betreuungs- und Führungsstils nutzbar zu machen. Zu Grunde liegt hierbei die Überzeugung, dass die Weiterentwicklung und Stärkung individueller Lehrpersönlichkeiten nicht als ein auf die Lehrtätigkeit als solche begrenzter Prozess betrachtet werden sollte, sondern eines ganzheitlichen Zugangs bedarf, welcher der universitären Realität von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern gerecht wird. Sehen sich diese doch mit dem anspruchsvollen Unterfangen konfrontiert, in der Promotions- bzw. Postdoc-Phase qualitativ hochwertige Lehrveranstaltungen anzubieten, sich in der akademischen Selbstverwaltung einzubringen und die eigene wissenschaftliche Profilbildung bzw. außeruniversitäre Karriereentwicklung im Blick zu haben. Demnach bietet das Lehrpersönlichkeits-Coaching, das im Rahmen des Humboldt Reloaded Projekts der Universität Hohenheim entwickelt worden ist, den Teammitgliedern die Möglichkeit, eine Vielzahl von lehr- oder berufsbezogenen Anliegen zu klären.

Meine Herangehensweise an das Lehrpersönlichkeits-Coaching beruht auf einem vierdimensionalen Persönlichkeitsverständnis, das neben Kognitionen, Motivationen und Eigenschaften auch Emotionen

umfasst.1

In der kognitiven Dimension Weiterlesen


  1. Ausführlich zum Persönlichkeitsverständnis Cornelia Frank (2017): Politische Psychologie in den Internationalen Beziehungen, in Frank Sauer/Carlo Massala (Hg.): Handbuch der Internationalen Beziehungen. 2. Auflage, Wiesbaden: Springer VS, 429-464, insb. 433-435. 

16 Nov

Lehrpersönlichkeits-Coaching I:
Wer bin ich? Wofür stehe ich? (Teil 1)

Mein Name ist Cornelia Frank. Seit Oktober 2016 arbeite ich als Lehrcoach im Humboldt Reloaded-Projekt der Universität Hohenheim. Ich begleite, berate und unterstütze die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Humboldt Reloaded auf ihren Wunsch hin bei der Weiterentwicklung und Stärkung ihrer individuellen Lehrpersönlichkeit. Beim Lehrpersönlichkeits-Coaching geht es darum, sich des eigenen Ressourcenreichtums gewahr zu werden, aus dem sich ein für die Lehrpersönlichkeit wie auch die Lernenden stimmiger Lehrstil entfalten kann. Zu den didaktischen Aspekten dieses Lehrpersönlichkeitsprozesses tausche ich mich sehr gerne mit meinen Kolleginnen und Kollegen von der Arbeitsstelle Hochschuldidaktik der Universität Hohenheim aus.

Foto Cornelia Frank

Meine Herangehensweise an Lehrpersönlichkeits-Coaching beruht auf einem vierdimensionalen Persönlichkeitsverständnis, das neben Kognitionen, Motivationen und Eigenschaften auch Emotionen umfasst (s. hierzu „Lehrpersönlichkeits-Coaching II: Was bedeutet das?“ am 27. Juni 2017, Teil 2 der Serie). Das Lehrpersönlichkeits-Coaching ist ganzheitlich und nachhaltig ausgerichtet. Es bietet den Raum für eine Vielzahl von berufsbezogenen Anliegen: Von Akkut-Coaching bei herausfordernden Sprechstunden- oder Konfliktsituationen, über offene oder themenspezifische Lehrhospitation, umfassende Potentialanalyse für die weitere berufliche Orientierung, sowie eine langfristig angelegte Rollenberatung bei der Profilschärfung des eigenen Betreuungs- und Führungsstils bis hin zum Individuations-Coaching, bei dem die inneren Schätze zu Gold gemacht werden können (s. hierzu „Lehrpersönlichkeits-Coaching III: Wie geht das?“ am 17. Februar 2017, Teil 3 der Serie). Den Fokus, die Geschwindigkeit und die Tiefe der Schatzsuche bestimmt einzig und allein der Klient bzw. die Klientin. Weiterlesen